Neophyten im Burgenlandkreis
Zur Einführung ins Thema:
Neophyten und Neozoen (Neobiota) – eine Bedrohung für unsere heimische Tier- und Pflanzenwelt?
Vorweg ein Link zum Themenheft der Zeitschrift „Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt“ Jahrgang 46 (2009) Heft 2 – Neobiota in Sachsen-Anhalt und
zur Broschüre des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt “Einfluss von Neobiota auf geschützte Arten und Lebensräume“
Warum eine „Neophyten- und eine Neozoen-Seite“? Diese „Fremdlinge“ in unserer Landschaft beschäftigen mich bei meinen Gängen durch die Natur schon viele Jahre. An vielen Stellen tauchen „neue“ Pflanzen auf und überwuchern und verdrängen heimische Pflanzenarten. Ebenso greifen „neue“ Tiere wie z.B. Mink und Waschbär nicht unwesentlich in heimische Vogelbestände ein. Um vielleicht etwas aufzuklären und zu erreichen, dass mit solchen Arten etwas vorsichtiger umgegangen wird, habe ich diese Seite eingerichtet. Im Prinzip kann jeder mithelfen, in dem er zum Beispiel Gartenabfälle nicht in der freien Landschaft entsorgt oder darauf verzichtet neue (invasive) Pflanzenarten im Siedlungsbereich oder gar im Außenbereich ausbringen sowie vorher in Gefangenschaft gehaltene Tiere ungenehmigt „auszuwildern“
Neophyten
Neophyten sind Pflanzenarten, die von Natur aus nicht in Deutschland vorkommen, sondern erst durch den Einfluss des Menschen nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus 1492 in Deutschland bzw. Europa eingewandert sind. Sie gehören daher zu den gebietsfremden oder nichteinheimischen Arten.
Viele Arten wurden durch den Menschen beabsichtigt als Zier- oder Nutzpflanzen eingeführt. Die Einführung kann jedoch auch z.B. durch Verschleppung von Pflanzensamen mit Handelsgütern unbeabsichtigt erfolgen.
Man unterscheidet „invasive“ Arten und „nicht invasive“ Arten.
Als invasive Arten werden im Naturschutz gebietsfremde Pflanzenarten bezeichnet, die unerwünschte Auswirkungen auf andere Arten, Lebensgemeinschaften oder Biotope haben. So können sie z.B. in Konkurrenz um Lebensraum anderen Pflanzen treten und diese verdrängen (z.B. durch Bildung von Dominanzbeständen). Invasive Neophyten können auch ökonomische (z.B. Unkräuter) oder gesundheitliche Probleme (Herkulesstaude) verursachen.
Die nicht invasiven Arten sind eher unproblematisch, da diese freie „Nischen“ im Ökosystem nutzen und somit andere Arten nicht verdrängen.
Einige Beispiele für Neophyten bzw. invasive Arten in unserer Region:
Deutscher Name | Latein. Name | Herkunft | Allgemeines |
Eschenahorn | Acer negundo | Nordamerika | verbreitet sich u. a. in den Flussauen |
Kanadisches Berufkraut | Conyza canadensis | Nordamerika | Ruderalpflanze |
Kugeldistel | Echinops sphaerocephalos | Südeuropa | auf Halbtrockrasen- und Ruderalflächen verbreitet |
Wasserpest | Elodea canadensis | Michigan | Ausbreitung in Gewässern |
Franzosenkraut | Galinsoga parviflora | Südamerika | angeblich von Napoleons Truppen eingeschleppt (???) |
Riesen-Bärenklau | Heracleum mantegazzianum | Kaukasus | Giftig! |
Drüsiges oder Indisches Springkraut | Impatiens glandulifera | Südasien | Massenbestände an Fluss- und Bachufern, |
Lupine | Lupinus polyphyllus | Nordamerika | Giftig! |
Strahlenlose Kamille | Matricaria discoidea | Nordamerika | als Heilpflanze eingeführt |
Nachtkerze | Oenothera biennis | Nordamerika | im 17. Jahrhundert eingeführt |
Staudenknöterich | Reynoutria japonica / | Ostasien | 1825 als Zier- und Viehfutterpflanze nach Europa eingeführt, verbreitet an Bach- und Flussufern, aufgrund vegetativer Vermehrung schwer zu entfernen |
Robinie | Robinia pseudoacacia | Nordamerika | Ausbreitung z.B. auf Halbtrockenrasen |
Kanadische Goldrute | Solidago gigantea | Nordamerika | im 17./18. Jahrhundert eingeführt, verbreitete und sehr ausdauernde Pioniere auf z.B. Grünlandbrachen |
Orientalisches Zackenschötchen | Bunias orientalis | Sibirien bis nach Ost- und Südosteuropa | Ausbreitung entlang von Straßen und übergreifend auf Brachen und Ödländer |
Beifußblättrige Ambrosie | Ambrosia artemisiifolia | Nordamerika | Pollen gehören zu den stärksten Allergie-Auslösern – im BLK noch nicht so häufig |
Gemeiner Bocksdorn | Lycium barbarum, | Südosteuropa bis China | Ausbreitung z.B. an Trockenmauern (Schweigenberge Freyburg) |
Pfeilkresse | Cardaria draba | Mittelmeergebiet und Asien | Ausbreitung z.B. an Bahndämmen |
Schmalblättrige Ölweide | Elaeanus angustifolia | Zentralasien | Im 17. Jahrhundert eingeführt, Ausbreitung auf z.B. Halbtrockenrasen |
Gewöhnliche Mahonie | Mahonia aquifolium | Asien und Mittel- und Nordamerika | Ausbreitung z.B. in Trockenwäldern |
Blasenstrauch | Colutea arborescens | Nordafrika, Süd- und südliches Mitteleuropa, Westasien | Ausbreitung z.B. auf Trocken- und Haltrockenrasen |
Korina - Koordinationsstelle Invasive Neophyten in Schutzgebieten Sachsen-Anhalts beim UfU e.V.
In Sachsen-Anhalt gibt es seit 2010 eine Koordinationsstelle Invasive Neophyten in Schutzgebieten Sachsen-Anhalts beim UfU e.V.. Ihr Ziel: Die Entwicklung und Umsetzung eines landesweiten Managements von invasiven Neophyten in Schutzgebieten.
Bei Korina werdet Ihr rund um das Thema Neophyten – die Arten, ihre Bewertung ihre Auswirkungen und soweit möglich, effektive Maßnahmen zu deren Bekämpfung und vieles mehr, informiert. Darüber gibt es die Möglichkeit Funde zu melden!
Es lohnt sich, schaut mal rein – KORINA
Hier könnt Ihr alle KORINA_Newsletter einsehen!
Hier noch ein interessantes Video aus der Schweiz von der „Stiftung Landschaft und Kies“ – zu Neophyten und deren Bekämfung !!!! Youtupe-Video
… und hier noch die Neophytenseite des Bayerischen Landesamtes für Umwelt
Nun aber etwas mehr zu einzelnen Arten im Burgenlandkreis!
Schmalblättrige Ölweide (Elaeagnus angustifolia)
Die Schmalblättrige Ölweide ist eigtentlich im zentralen Asien heimisch, wurde jedoch im bereits im 17.Jahrhundert in den Mittelmeerraum. Bei uns in Mitteleuropa wurde die Art als Ziergehölz kultiviert. Leider wurde die Schmalblättrige Ölweide bis in die späteren 1990er Jahre z.B. durch die LMBV für Rekultivierungsarbeiten in den Bergbaufolgelandschaften oder auch als Gestaltungselement entlang der Autobahnen angepflanzt. Heute macht uns die Ölweide aufgrund ihrer Wüchsigkeit und ihrem Ausbreitungsdrang, z.B. in der Bergbaufolgelandschaft Kayna Süd (NSG und Vogelschutzgebiet), große Probleme.
Orientalisches Zackenschötchen (Bunias orientalis)
Wem ist die gelb blühende Pflanze noch nicht aufgefallen?
Sie tritt auch bei uns im Burgenlandkreis seit einigen Jahren verstärkt auf und breitet sich rasant aus.
Entlang vieler Straßen ist es, oft verwechselt mit dem Raps, bereits in Massenbeständen zu sehen. Es breitet sich von dort auf Wiesen, Ackerbrachen, Streuobstbestände, Trockenrasen, Ödlandflächen und Deiche aus. Besonders große Bestände haben sich bereits auf den Deichen am Flutkanal bei Memleben ausgebildet. Aber auch in vielen FFH- und Naturschutzgebieten, wie dem „Forst Bibra“ oder dem „Schmoner Busch, Spielberger Höhe und Elsloch“ macht es sich bereits breit.
Verbreitet wird es z.B. durch Autoreifen (im Profil) oder durch entsprechenden Wiesenschnitt, welcher an andere Orte verbracht wird.
Die Gefahr, die sich durch seine Ausbreitung für den Naturschutz ergibt, ist vor allem die Bildung von Dominanzbeständen auf wertvollen Flächen und damit Verdrängung anderer Pflanzenarten, Zerstörung von Lebens- und Nahrungsräumen der heimischen Tierwelt sowie auch der Wegfall von Vernetzungslinien/-elementen in der offenen Landschaft.
Die Bekämpfung gestaltet sich, wenn man nicht permanent mit der „chemischen Keule“ herangehen will, ziemlich schwierig. Bei einer mechanischen Bearbeitung wie Umgraben, Hacken und Fräsen werden die Wurzelteile nur vermehrt und treiben neu. Der bearbeitete Boden eignet sich ideal für die Wiederbesiedlung und Ausbreitung der Art.
Häufiges Mähen (mehr als zweimal im Jahr) verhindert oder verringert aber die Blüte und Samenbildung. Davon sterben die Pflanzen jedoch nicht ab. Eine chemische Bekämpfung mit Herbiziden ist aus ökologischen Gründen nicht vertretbar.
Im NSG „Forst Bibra“ konnte ich eine kleine Schafherde beobachten, welche die Bestände erheblich dezimiert, aber natürlich nicht vernichtet hat. Die Pflanze neigt nach Verbiss zur Neubildung von Blüten, was die „Arbeit“ der Schafe zu Nichte macht.
Wichtig wäre es, wenn die Bedrohung für die heimische Fauna und Flora, welche sich aus der rasanten Ausbreitung der Art ergibt, erstmal als solche wahrgenommen und entsprechend rigoros dagegen vorgegangen wird.
Davon sind wir aber leider noch weit entfernt.
Drüsiges oder Indisches Springkraut (Impatiens glandulifera)
Das Indische Springkraut wurde in Europa Anfang des 19. Jahrhunderts als attraktive Zierpflanze aus Indien eingeführt. Aus dem Garten war der Weg in die freie Landschaft nicht weit, da der Samen bis zu 7 m aus der Fruchtkapsel herausgeschleudert wird. Gerade im Randbereich von Bächen und Flüssen verbreitet sich die Pflanze aufgrund ihrer schwimmfähigen Samen sehr schnell. Jede Pflanze produziert bis zu 2.000 Samen. Die Pflanze selbst ist nur einjährig, die Samen bleiben jedoch über 4 – 5 Jahre hinweg keimfähig.
Beim Indischen Springkraut handelt es sich um eine einjährige Pflanze, so dass sich eine Bekämpfung nicht wie z.B. beim Staudenknöterich und dem Zackenschötchen auch auf die Wurzeln erstrecken muss, sondern ein Schnitt vor der Samenreife ausreicht, um die Samenproduktion und Samenverbreitung zu verhindern.
Japan-/Sachalin-Staudenknöterich (Reynoutria japonica/sachalinensis)
Der Staudenknöterich wurde insbesondere als Zierpflanze im 19. Jahrhundert aus Ost-Asien eingeführt.
Die Verbreitung erfolgt meist über kleine bewurzelungsfähige Spross- und Rhizomstücke. Da die Staudenknöterichbestände oft an Bach- und Flussufern stehen, werden Pflanzenteile bei Hochwassersituationen weg- und anderswo angespült. Beim Transport von Erdmaterial werden ebenfalls Rhizomteile mitgenommen uns an neue Standorte verteilt. Die Verbreitung über Samen spielt keine wesentliche Rolle.
An den Stellen, an denen Staudenknöterich wächst, ist er mit seinen bis zu 4 m hohen Dickichten so dominant, dass keine anderen Arten mehr wachsen können. Die heimische Tierwelt nimmt den Staudenknöterich weder als Futterpflanze noch als Wohnraum an.Den an vielen Stellen teilweise achtlos eingebrachten Staudenknöterich zu beseitigen ist äußerst schwierig. Durch seine tief in den Boden reichende Pfahlwurzel (Speicherwurzel), die die Dicke einer Kartoffel haben soll, ist er sehr ausdauernd. Nur durch konsequente möglichst alle 14 Tage erfolgende Mahd und die über mehrere Jahre hinweg, kann man dem Staudenknöterich „Herr“ werden.
Dadurch wird die Pflanze gezwungen ihre Reserven aufzubrauchen und wird wirksam geschwächt.
Bei kleineren Beständen muss man die gesamte Pflanze ausgraben. Dies muss sehr sorgfältig geschehen, da keine Rhizomteile zurückbleiben dürfen. Um die ausgegrabene Pflanze tatsächlich zu vernichten, müssen die Pflanzenteile verbrannt oder bei großer Hitze kompostiert werden.
Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum)
Weitere Arten:
Zu DDR-Zeiten wurde der in Nordafrika, in Südeuropa sowie im südlichen Mitteleuropa und Westasien verbreite Blasenstrauch als Ziergehölz verbreitet und auch oft bei Flurgehölzpflanzungen verwandt. Mittlerweile breitet er sich in einigen Bereichen wie z. B. in den FFH-Gebieten „Forst Bibra“ und „Trockenrasenhänge bei Karsdorf“ (hier in den Gleinaer Bergen) rasant aus. Ein Rückschnitt der Büsche hilft hier nicht allzu viel, wie Pflegemaßnahmen in diesen Bereichen bereits gezeigt haben.
Große Telekie (Telekia speciosa)
Die Große Telekie kommt aus Südosteuropa und wurde bereits 1588 in Nürnberg kultiviert. Die ausdauernde, krautige Pflanze erreicht Wuchshöhen zwischen 100-150 und teilweise sogar bis 200 cm und hat auffällige große Blüten, welche denen der Alantarten sehr ähnlichsehen. Sie weist Tendenzen zu einer invasiven Ausbreitung aus. In Sachsen ist eine Ausbreitung in Südsachsen, besonders im Osterzgebirge und im mittleren Erzgebirge festzustellen. Im Burgenlandkreis sind bisher nur wenige Fundorte bekannt, welche man unbedingt im Auge behalten muss. Aufgrund Ihres Vorkommens an Bachufern, wie auf den Bildern vorweg am Steinbach bei Bad Bibra zu sehen, ist eine Ausbreitung durch entsprechenden Samentransfer über das Gewässer möglich.
Auch die Kugeldistel verbreitet sich in den letzten Jahren rasant im Gebiet. Betroffen sind vor allem weniger genutzte oder ungenutzte Bereiche, wie Böschungen, Wegerandbereiche aber auch Halbtrockenrasen.
Bäume
Die Roteiche stammt aus dem östlichen Nordamerika. Die Roteiche wurde Anfang des 18. Jahrhunderts als Park- und Alleebaum in Mitteleuropa eingeführt. Anfangs des 20. Jahrhunderts wurde die schnellwüchsige Roteiche auch forstwirtschaftlich genutzt. In manchen Gegenden neigt sie zur Selbstvermehrung. In unserem Gebiet sind mir entsprechende verwilderte Bestände bisher nicht bekannt.
Links zum Thema Neophyten
Bundesamt für Naturschutz zum Thema
Zusammenfassung der Problematik vom BfN
Seiten zu Neophyten aus der Schweiz:
„Alles was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand“
Charles Darwin