Heimische Orchideen im Burgenlandkreis

Frauenschuh

Im Burgenlandkreis, insbesondere im Bereich der Triaslandschaft an Saale und unterer Unstrut, kommt eine Vielzahl von heimischen Orchideen vor. Diese besiedeln überwiegend Halbtrocken­rasen und Wälder, aber auch Sekundärbiotope (wie z.B. Kalksteinbrüche und ehemalige Braunkohlentagebaue).

Dreizähniges Knabenkraut
Dreizähniges Knabenkraut
Dreizähniges Knabenkraut
Dreizähniges Knabenkraut
Dreizähniges Knabenkraut

Ich möchte mich in meinen Ausführungen auf die im ehemaligen Landkreis Nebra (Nordwestteil des Burgenlandkreises) vorkommenden Arten beschränken. Die Orchideen bilden eine Pflanzenfamilie mit weltweit über 20 000 Arten. In Europa kommen etwas mehr als 200 Arten vor. Davon sind in Deutschland etwa 60 Arten, in Sachsen-Anhalt 45 Arten heimisch. Die in Deutschland vorkommenden Orchideenarten sind gemäß der Bundesartenschutz­verordnung streng geschützt. Die heute in Mitteleuropa vorzufindenden natürlichen Lebensräume sind erst durch die Einwirkungen des Menschen, durch Waldrodung, Ackerbau, Viehhaltung und Bergbau entstanden.

Bocksriemenzunge
Bocksriemenzunge
Bocksriemenzunge
Bocksriemenzunge

Die vormals bewaldete Naturlandschaft wurde, bis auf wenige Restvorkommen in meist unzugänglichen oder für eine Nutzung uninteressanten Bereichen, in unsere heutige Kulturlandschaft umgewandelt. Die heute in Mitteleuropa vorzufindenden natürlichen Lebensräume sind erst durch die Einwirkungen des Menschen, durch Waldrodung, Ackerbau, Viehhaltung und Bergbau entstanden. Die vormals bewaldete Naturlandschaft wurde, bis auf wenige Restvorkommen in meist unzugänglichen oder für eine Nutzung uninteressanten Bereichen, in unsere heutige Kulturlandschaft umgewandelt. Aber auch heute noch werden durch Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft, insbesondere durch Düngung, Entwässerung von Feuchtbiotopen, durch unterbleibende Nutzung von Mittel- und Niederwäldern bzw. Umwandlung und somit Überführung in Hochwälder, aber auch durch die Aufgabe der Nutzung vieler Offenlandbereiche, insbesondere auch von Halbtrockenrasen, wertvolle Lebensräume unserer heimischen Orchideen zerstört.

Händelwurz
Händelwurz
Händelwurz
Händelwurz
Händelwurz
Händelwurz
Frauenschuh

Zur Orchideenblütezeit walzen oft große Menschenmengen durch die Orchideengebiete. Leider kommen nicht alle nur um sich an den wunderbaren Pflanzen zu erfreuen. Einige frönen ihrer Fotoleidenschaft und da halten die „Barrieren“ den Drang auch die letzte Art aufs Foto zu bannen nicht auf. Dabei werden viele unscheinbare Jungpflanzen einfach zertreten. Andere bringen den Spaten mit … .

Hier ist eine große Gruppe Frauenschuh (wie oben zu sehen) ausgegraben worden !
Frauenschuh (abnorm)

Neben den Verlusten durch Ausgrabungen macht dem Frauenschuh die zunehmende Trockenheit zu schaffen. Die Bestände in  Sachsen-Anhalt haben aus diesem Grund in den letzten Jahren erhebliche Verluste erfahren.

Frauenschuh mit grünen Kelchblättern
Leider wurde auch diese Gruppe ausgegraben!
Herbstdrehwurz
Herbstdrehwurz
Auch Holzeinschlag und Rückung des Holzes führen zur Beeeinträchtigung der Standorte (Forst Bibra 12/2016-Landesforstbetrieb!). Mehr zum Thema "Forstwirtschaft und Naturschutz" dann klickt aufs Bild!
Hier stand auch eine ... doch irgendwer brauchte sie zu Hause dringender! (2011)
Nestwurz
Nestwurz
Nestwurz
Nestwurz
Bleiches Waldvöglein
Bleiches Waldvöglein
Bleiches Waldvöglein
Schwertblättriges Waldvöglein (altes Dia)
Rotes Waldvögelein
Rotes Waldvöglein

Im südwestlichen Burgenlandkreis vorkommende bzw. erloschene Arten

Nr.

Deutscher Name

Wissenschaftlicher Name

Vorkommen

Blütezeit

1

Frauenschuh

Cypripedium calceolus

X

M5-M6

2

Rotes Waldvöglein

Cephalanthera rubra

X

E6-E7

3

Langblättriges Waldvöglein

Cephalanthera longifolia

X

M5-M6

4

Bleiches Waldvöglein

Cephalanthera damasonium

X

M5-E6

5

Kleinblättrige Sitter

Epipactis microphylla

X

M6-M7

6

Braunrote Sitter

Epipactis atrorubens

X

M6-M7

7

Breitblättrige Sitter

Epipactis helleborine

X

M6-E7

8

Schmallippige Sitter

Epipactis leptochila

X

M7-A8

9

Müllers Sitter

Epipactis muelleri

X

M6-E7

10

Großes Zweiblatt

Listera ovata

X

M5-A7

11

Nestwurz

Neottia nidus-avis

X

M5-E6

12

Herbstwendelorchis

Spiranthes spiralis

X

A8-M10

13

Weiße Waldhyazinthe

Platanthera bifolia

X

M5-M7

14

Grünliche Waldhyazinthe

Platanthera chlorantha

X

M5-E6

15

Große Händelwurz

Gymnadenia conopsea

X

A6-E8

16

Honigorchis

Herminium monorchis

X

M6-E7

17

Fliegen-Ragwurz

Ophrys insectifera

X

A5-E5

18

Spinnen-Ragwurz

Ophrys sphecodes

X

E4-E6

19

Kleine Spinnenragwurz 

 Ophrys araneola

 X

 E4-A5

20

Hummel-Ragwurz

Ophrys fuciflora

erloschen

E5-E6

21

Bienen-Ragwurz

Ophrys apifera

X

M6-M7

22

Brand-Knabenkraut

Orchis ustulata

X

A5-E7

23

Dreizähniges Knabenkraut

Orchis tridentata

X

M5-M6

24

Purpur-Knabenkraut

Orchis purpurea

X

A5-M6

25

Helm-Knabenkraut

Orchis militaris

X

A5-A6

26

Stattliches Knabenkraut

Orchis mascula

X

M5-M6

27

Blasses Knabenktaut

Orchis pallens

X

M4-M5

28

Geflecktes Knabenkraut

Dactylorhiza maculata

X

M6-E7

29

Fuchssches Knabenkraut

Dactylorhiza fuchsii

X

M6-E7

30

Breitblättriges Knabenkraut

Dactylorhiza majalis

X

A5-M6

31

Bocksriemenzunge

Himantoglosssum hircinium

X

E5-M6

Angaben ohne Gewähr ! 

 

Das Vorkommen der Orchideen ist insbesondere abhängig vom Vorhandensein eines für die einzelnen Arten spezifischen Wurzelpilzes, der es ihren Samen erst ermöglicht, an diesem Ort zu keimen und zu wachsen. Die Orchideensamen sind im Gegensatz zu anderen Pflanzensamen nicht mit einem Nährgewebe ausgestattet. Der Wurzelpilz führt dem Keimling wichtige Aufbaustoffe zu. Die Symbiose (Lebensgemeinschaft) einer Pflanzenwurzel mit einem Pilz wird Mykorrhiza genannt. Sie ermöglicht es den Orchideen, bei ungünstigen Lebensbedingungen für mehrere Jahre heterotroph (sich nicht selbständig ernährend) zu existieren. Einige Arten, wie die Saprophyten (Pflan­zen ohne Blattgrün) z.B. der Nestwurz sind während ihres gesam­ten Lebenszyklus auf den Symbiosepilz angewiesen, andere Arten werden in ihrem Entwicklungsverlauf vom Pilz unabhängig.

Fliegenragwurz

Die Arterhaltung der heimischen Orchideen erfolgt im Wesentlichen über zwei Metho­den: Vermehrung mittels Knollen und Rhizomen oder Fortpflanzung mittels Samen. Fast alle Orchideen sind für die Bestäu­bung ihrer Blüten auf Insekten angewiesen. Um diese anzulocken, sind verschiedene Strategien entwickelt worden. Seltener ist die Selbstbestäubung, die bei einigen Arten regel­mäßig und bei anderen gelegentlich auftritt. Durch die Insektenbestäubung kommt es auch zu Bastardierungen. Als Beispiel hierfür sind die im Burgenlandkreis vorkommenden Kreuzungen von Stattlichem Knabenkraut mit Bleichem Knabenkraut, Helm- mit Purpurknabenkraut oder zwischen verschiedenen Ragwurzarten zu nennen. Alle Orchideen besitzen 6 Blütenhüllblätter. Die drei äußeren Blütenhüllblätter sind gleichförmig gestaltet (Sepalen).

Bienenragwurz
Bienenragwurz
Bienenragwurz
Bienenragwurz
Kleine Spinnenragwurz
Spinnenragwurz
Spinnenragwurz
Hybrid
Hybrid Fliegen- und Spinnenragwurz
Spitzorchis

Von den drei inneren Hüllblättern (Petalen) ist eines zu einer Lippe geformt, das am Ende oft mit einem nektarreichen Sporn versehen ist. Im Gegensatz zu den Lilien, die 6 Staubblätter ausbilden, findet sich bei den Orchideen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur ein fruchtbares Staubblatt. Der Griffel ist mit dem Staubblatt verwachsen und stellt eine Fortsetzung des unterständigen Fruchtknotens dar. Sitzt nun ein Insekt auf die bequeme Lippe, wird es dazu verleitet, in den Sporneingang hineinzukriechen, um den süßen Saft des Nektars zu erreichen. Dabei berührt es die klebrige Narbe des Griffels dicht über dem Sporneingang. An seinen Kopf heften sich zwei klebrige Pakete mit Pollen, die aus zwei an den Staubblättern sitzenden Staubbeuteln (Antheren) stammen. Fliegt das Insekt fort, stößt es seinen Kopf mit den Pollenpaketen an die weibliche Narbe der nächsten Orchidee. Nach Abwurf der Samen erfolgt die Weiterentwicklung erst nach einer Infektion mit bestimmten Pilzen, mit denen die Orchideen eine Lebensgemeinschaft (Symbiose) eingehen. Den Winter überdauern die Orchideen oft in einer Knolle, in der die Nährstoffe gespeichert werden.

Helm-Knabenkraut
Helm-Knabenkraut
Orchis militaris var. tripartita

Pflege und Erhaltung

Durch intensive Nutzung und Nutzungsänderung sind viele für die Pflanzenwelt bedeutsame Biotope für immer verloren gegangen bzw. umgestaltet und damit entwertet worden. Der Fortbestand der Orchideenvorkommen ist heute nur durch einen konsequenten Schutz und die Erhaltung ihrer Lebensräume zu sichern. Die Ausweisung von Schutzgebieten, wie Naturschutzgebieten, flächenhaften Naturdenkmalen oder geschützten Landschaftsbestandteilen, reicht zur Erreichung dieses Zieles nicht aus. Vielmehr ist es erforderlich, dass die extensiven Nutzungsformen der betreffenden Flächen, insbesondere die Schafhutung oder wo realisierbar eine einschürige Mahd erhalten bzw. wieder aufgenommen werden.

Bleiches Knabenkraut
Bleiches Knabenkraut
Bleiches Knabenkraut
Bleiches Knabenkraut
Bleiches Knabenkraut
Bleiches Knabenkraut

Dies ist jedoch heute unter dem Gesichtspunkt der „knappen Kassen“ bei Bund, Land und Kommunen und insbesondere der Förderpolitik im Land Sachsen-Anhalt nur mit großen Anstrengungen seitens aller Beteiligten leider nur teilweise bzw. gar nicht erreichbar. So ist z.B. der Vertragsnaturschutz innerhalb von ausgewiesenen Naturschutzgebieten, aufgrund der seitens der EU an die Vergabe der Gelder gesetzten Prämissen, nur eingeschränkt möglich. Das heißt, dass die Orchideen durch die entsprechenden Verordnungen innerhalb dieser Gebiete zwar den besten gesetzlichen Schutz vor Eingriffen von Außen erfahren, die Lebensräume sich jedoch aufgrund des bestehenden Pflegenotstandes negativ entwickeln.

Stattliches Knabenkraut im geschlossenen Waldbestand
Purpur-Knabenkraut
Purpur-Knabenkraut
Purpur-Knabenkraut

Die notwendigen Pflegemaßnahmen sind dem Vegeta­tionsrhythmus der entsprechenden Orchideenarten anzupassen. Dies erfordert in der Praxis viel Einfühlungsvermögen seitens der die Pflege vollziehenden Landwirte und anderen Landschaftspfleger. Teilweise werden Flächen mit hohem Aufwand durch ehrenamtliche Kräfte, wie z.B. dem NABU, Regionalverband „Unteres Unstruttal“ e.V. oder dem Arbeitskreis „Heimische Orchideen“ e.V. in Handarbeit (Entbuschung, Mahd und Beräumung der Flächen) gepflegt. Insbesondere sind die Standorte von negativen Beeinflussungen des Wasserhaushaltes, von Nährstoffzufuhr und Beschattung freizuhalten. Wie nachfolgende Bilder zeigen sollen, sind es nicht Eingriffe in die entsprechenden Lebensräume oder die fehlende Pflege allein, die die Orchideen dezimieren. Oft ist es die gezielte Entnahme seltener Arten oder Bastarde durch Personen denen wahrscheinlich jeglicher Sachverstand fehlt oder auch „Spezialisten“, welche diese für spezielle Zwecke nutzen.

Purpurknabenkraut
Purpurknabenkraut
Purpurknabenkraut
Die Knolle ist weg!!!
Zur Dummheit kommt noch Unvermögen. Mehrere Knollen wurden beim Ausgraben beschädigt!
Insgesamt wurden hier ca. 20 Knabenkräuter ausgegraben!
"Grab"-Stelle

Hybriden von Helm- und Purpurknabenkraut

Hybrid
Brandknabenkraut
Fotos von einem leider viel zu früh verstorbenen guten Freund (gescannt) - Peter Bilke
Steifblättriges Knabenkraut
Fuchssches Knabenkraut

Seit dem Jahr 1989 küren die deutschen Arbeitskreise Heimische Orchideen (AHO) eine Orchidee des Jahres. Die Orchidee des Jahres ist eine in Deutschland heimische Orchidee. Mit der Orchidee des Jahres möchten die AHOs den Lebensraum und die Gefährdung einer Art vorstellen und zur Mitarbeit im Naturschutz anregen (Quelle:Dachverband der Arbeitskreise Heimische Orchideen in Deutschland).

Über die Arbeit des AHO in Sachsen Anhalt lest auf der HP:

Arbeitskreis Heimische Orchideen – Sachsen-Anhalt e.V.

Orchideen des Jahres 1989 bis 2022

Jahr

Art

Wissenschaftlicher Name

 

Jahr

Art

Wissenschaftlicher Name

1989

Breitblättriges Knabenkraut

Dactylorhiza majalis

 

2012

Bleiches Knabenkraut

Orchis pallens

1990

Pyramiden-Hundswurz

Anacamptis pyramidalis

 

2013

Purpur-Knabenkraut

Orchis purpurea

1991

Kleines Knabenkraut

Orchis morio

 

2014

Blattlose Widerbart

Epipogium aphyllum 

1992

Großes Zweiblatt

Listera ovata

 

2015

Fleischfarbenes Knabenkraut

 Dactylorhiza incarnata

1993

Helm-Knabenkraut

Orchis militaris

 

2016

 Sommer-Drehwurz

 Spiranthes aestivalis

1994

Sumpf-Glanzkraut

Liparis loeselii

 

2017

Weißes Waldvöglein

Cephalanthera damasonium

1995

Bienen-Ragwurz

Ophrys apifera

 

2018

Torfmoos-Fingerwurz

Dactylorhiza sphagnicola

1996

Gelber Frauenschuh

Cypripedium calceolus

 

2019

Dreizähniges Knabenkraut

Orchis tridentata

1997

Wanzen-Knabenkraut

Orchis coriophora

 

2020

Breitblättriges Knabenkraut

Dactylorhiza majalis

1998

Sumpf-Stendelwurz

Epipactis palustris

 

2021

Kriechendes Netzblatt

 Goodyera repens

1999

Bocks-Riemenzunge

Himantoglossum hircinum

 

2022

Braunrote Stendelwurz

Epipactis atrorubens

2000

Rotes Waldvöglein

Cephalanthera rubra

 

2023

Kleines Zweiblatt

Listera cordata

2001

Herbst-Drehwurz

Spiranthes spiralis

 

 2024

Mücken-Händelwurz

Gymnadenia conopsea

2002

Vogel-Nestwurz

Neottia nidus-avis

    

2003

Fliegen-Ragwurz

Ophrys insectifera

    

2004

Grüne Hohlzunge

Coeloglossum viride

    

2005

Brand-Knabenkraut

Orchis ustulata

    

2006

Breitblättrige Stendelwurz

Epipactis helleborine

 

 

 

 

2007

Gewöhnliches Kohlröschen

Nigritella nigra subsp. rhellicani

    

2008

Übersehenes Knabenkraut

Dactylorhiza praetermissa

   

 

2009

Männliches Knabenkraut

Orchis mascula

    

2010

Gelber Frauenschuh

Cypripedium calceolus

    

2011

Zweiblättrige Waldhyazinthe

Platanthera bifolia

    
Großes Zweiblatt
Weiße Waldhyazinthe
Grünliche Waldhyazinthe
Sumpf-Sitter
Sumpf-Sitter
Braunrote Sitter
Braunrote Sitter
Müllers Sitter
Müllers Sitter

Manchmal werden Orchideen von besonders "schlauen" Botanikern in Bereiche ausgebracht wo sie nicht hingehören!

Das Netzblatt ( Goodyera repens) ist typisches Beispiel für diese Praxis.
Hier auf einem Halbtrockenrasen im BLK unter Kiefer!

„Alles was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand“

Charles Darwin

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